Es war der 6. August 1945 – ein Tag an dem Geschichte geschrieben wurde. Während der Zweite Weltkrieg in Europa bereits beendet war, wurde er in Asien erbittert fortgeführt. Um Japan zur finalen Kapitulation zu zwingen, setzten die USA die gefürchtete Atombombe ein – zweimal. Tsutomu Yamaguchi befand sich bei beiden Abwürfen ganz in der Nähe der Schauplätze – und er überlebte.
Wie er die erste Atombombe in Hiroshima überlebte
Den Tag als Little Boy Hiroshima traf, wird Tsutomu Yamaguchi sein Leben lang nicht vergessen haben. Am Morgen des 6. August 1945 beendete er einen Aufenthalt in Hiroshima. Für seinen Arbeitgeber Mitsubishi Heavy Industries hatte der 29-jährige drei Monate in der Großstadt verweilt. Doch statt wie geplant gemeinsam mit seinen Kollegen Akira Iwanaga und Kuniyoshi Sato die Heimreise anzutreten, musste er noch einmal zurück ins Büro.
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Wenig später zündete die erste Atombombe um 8.16 Uhr in einer Höhe von 600 Metern. Yamaguchi hörte kurz zuvor noch den todbringenden Bomber Enola Gay, doch da war es schon zu spät. Die gewaltige Explosion erleuchtete den wolkenlosen Himmel und schickte etwa 80.000 Menschen – hauptsächlich Zivilisten – in den Tod. Zehntausende weitere Opfer kamen infolge der radioaktiven Strahlung in den nächsten Wochen und Monaten ums Leben.
Doch Tsutomi Yamaguchi entging dem Sensenmann an diesem Tag. Als Little Boy explodierte und die Stadt in Schrecken hüllte, stieg der Japaner etwa drei Kilometer von der Abwurfstelle entfernt aus einer Straßenbahn. Der gleißende Blitz der Explosion blendete ihn, die enorme Hitzewelle brachte ihm schwerste Verbrennungen am Oberkörper bei und die Druckwelle zerstörte sein linkes Trommelfell. Schwer gezeichnet begab er sich zur Werft seines Arbeitgebers und traf dort auf seine beiden Kollegen. Auch sie hatten überlebt. Gemeinsam verbrachten sie die Nacht in einem Luftschutzraum, ohne die Tragweite der Situation oder das Ausmaß der eigenen Verletzungen realisieren zu können. So machte sich Yamaguchi am nächsten Morgen auf zum Bahnhof, um trotz seiner zahlreichen Verbände den Heimweg anzutreten. Unzählige weitere Verbrennungsopfer teilten seinen Weg.
Die zweite Atombombe in Nagasaki
Am 8. August in der Früh‘ erreichte Yamaguchi endlich sein Ziel – nicht ahnend, dass hier die zweite Atombombe einschlagen würde. Zunächst ließ er seine Brandwunden in der nächsten Klinik versorgen, bevor er seine Familie aufsuchte. Während die Welt alle Augen auf Hiroshima richtete und den markanten Worten von US-Präsident Harry S. Truman folgte, konnte Yamaguchi endlich seine Frau und seinen Sohn in die Arme schließen.
Am darauffolgenden Tag, dem 9. August, wollte er seinem Chef berichten, was ihm in Hiroshima passiert war. In diesem Augenblick, um 11.02 Uhr, zündete die Bombe Fat Man über Nagasaki. Erneut befand er sich lediglich drei Kilometer vom Ground Zero entfernt. Als er durch ein Fenster den Atompilz sah, warf er sich sofort Schutz suchend zu Boden und entging so den Scherben der zerbarsten Fenster. Die Druckwelle riss ihm die Verbände vom Körper, doch abgesehen von einer weiteren tödlichen Strahlendosis, blieb er diesmal weitgehend unverletzt. Er eilte zu seiner Familie und stellte mit großer Erleichterung fest, dass auch sie wohlauf war.
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Zum zweiten Mal hatte er einen Atombombenangriff überlebt und ist damit das einzige offiziell anerkannte doppelte Atombombenopfer – ein zweifacher Hibakusha. Nach den verheerenden Bombardements blieb die Familie in einem Luftschutzkeller bis Japan am 15. August seine Kapitulation verkündete. Noch eine Weile litt Yamaguchi an den Verbrennungen sowie den Folgen der Strahlung. Doch er erholte sich und konnte ein recht normales Leben führen. Mit seiner Frau zeugte er sogar zwei weitere Kinder und lebte mit seiner Familie im wiederaufgebauten Nagasaki. Am 4. Januar 2010 starb er im Alter von 93 Jahren an Magenkrebs.