Wer im Gefängnis sitzt soll von der Gesellschaft isoliert werden, Zeit haben, um über die eigenen Taten nachzudenken und sich so zu resozialisieren. Doch was, wenn man vollkommen zu Unrecht im Knast ist, weil man unschuldig ist? Der unberechtigte Freiheitsentzug muss eine Höllenqual sein, die Jabbar Collins zu Höchstleistungen motiviert hat. Lest hier, wie er sich aus dieser Misere befreite.
16 Jahre Gefängnis für Mord
Verfahrensfehler bei Gerichtsverhandlungen sind keine Seltenheit. So erging es auch Jabbar Collins – allerdings verbrachte er 16 Jahre hinter Gittern, bis er dies beweisen konnte. Collins war der Polizei nicht unbekannt, aber als er am 13. März 1995 von einem New Yorker Gericht verurteilt wurde, hatte er mit dem vorliegenden Verbrechen wenig zu tun. Ein Vermieter war in der Nähe seines Wohnortes ermordet worden und Zeugen sagten aus, sie hätten gesehen, wie Jabbar Collins mit einer Waffe in der Hand aus dem Haus rannte, obwohl das nicht stimmte. Für das New Yorker Gericht war dies jedoch ausreichend, sodass er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Er hätte frühestens im Jahr 2030 einen Antrag auf Haftentlassung stellen können.
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Collins war damals 20 und lebte in einer Sozialwohnung in Brooklyn, die Highschool hatte er abgebrochen. Er wohnte ganz in der Nähe jenes Hauses, in dem der Mord geschah. Nach Ende des Prozesses, in dem er für schuldig befunden wurde, wanderte er mit 21 ins Gefängnis. Ein zerstörtes Leben für den Mann, der bereits dreifacher Vater war. Was blieb ihm? Resignation? Nein, das kam nicht in Frage. Ein Jurastudium? Das war Collins’ Antwort. Also machte er sich an die Arbeit.

Wie Jabbar Collins durch seine eigenen Nachforschungen entlastet wurde
Parallel zum erlernten Wissen schälte er sich durch sämtliche Schichten seines eigenen Falles. Dabei fand er heraus, dass alle drei Zeugenaussagen falsch oder erzwungen waren – mit Wissen der Staatsanwaltschaft. Die hatte sonst keinen Verdächtigen, also zwang sie einen Zeugen unter Gewaltandrohung zur Falschaussage. Den anderen erpresste sie, im Prozess die Unwahrheit zu sagen, da dieser vorbestraft war.
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So wurde Collins im Gefängnis zum Musterstudenten. Er schlief wenig und las alles, was er über Jura in die Finger bekam. Er lernte, Anfragen zu stellen und offizielle Stellen zu kontaktieren, die mit dem Prozess Berührungspunkte hatten. Antworten gab es oft nicht, doch er gab nicht auf. Im Laufe der Jahre entdeckte er immer mehr Unregelmäßigkeiten in den Akten. Und er stieß darauf, dass eine Zeugenaussage von der Staatsanwaltschaft komplett erfunden war. Schließlich rief er die beiden echten Zeugen aus dem Gefängnis heraus an. Beide gaben zu, gelogen zu haben.
Doch noch half Collins das nicht, der Kings County Supreme Court wies seine Klage 2007 ab. Die Ermittlungsbeamten aus dem Prozess stritten einfach alles ab und das Gericht glaubte ihnen. Collins, der sich inzwischen auch von Rechtsanwalt Rudin vertreten ließ, kämpfte weiter – mit Erfolg. 2010 spüren sie einen früheren Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft auf, der Beweise besitzt, dass einer der Zeugen von der Behörde erpresst worden war. 2010 spricht ein Bundesgericht Jabbar Collins endlich frei.
13 Millionen Dollar für 16 Jahre seines Lebens
Seit dem Tag seiner Freilassung arbeitete Collins als Anwaltsgehilfe in Rudins Büro. Gemeinsam strengten sie zwei Klagen gegen den Staat New York und gegen die Stadt New York City an. Nach langen Jahren erhielt er drei Millionen Dollar vom Staat und zehn von der Stadt. Was Collins damit machte, geht niemanden etwas an. Fest steht nur, dass er nach der Auszahlung erst einmal mit seinen drei Söhnen in den Urlaub fahren wollte. Ganz weit weg von den USA.