Die Evolution des Menschen stellt unserer Meinung nach die beeindruckendste Underdog-Story aller Zeiten dar. Mit der Entwicklung von einem in den Bäumen lebenden Affen hin zu einem Lebewesen mit aufrechtem Gang und der Fähigkeit, Werkzeuge zu entwickeln und zu nutzen, wurden wir zur alles dominierenden Spezies. Dies gelang einerseits durch die Anpassung an Umweltverhältnisse, Vermischung von Erbgut mit anderen Artgenossen aber auch durch Mutationen. Eine davon führte dazu, dass fast ein gesamtes Bergdorf durch Menschen mit blauer Haut bevölkert war. Was es damit auf sich hat, erfahrt Ihr im Artikel.
Menschen mit blauer Haut
Hoch oben in den Bergen der Appalachen gab es ein Bergdorf in der Nähe der heutigen Stadt Hazard im US-Bundesstaat Kentucky. Dort ließ sich ein Franzose namens Martin Fugate gemeinsam mit seiner amerikanischen Frau Elizabeth Smith nieder. Am östlichen Ufer des Troublesome Creeks errichteten sie sich eine Unterkunft, bewirtschafteten die Umgebung und bauten sich ein Leben auf. Sie gründeten eine Familie und bekamen sieben Kinder. Soweit eine ganz normale Geschichte zu jener Zeit in den USA. Doch nun wird es wirklich merkwürdig, denn vier der Kinder zeigten eine blaue Hautfarbe. Da es lediglich merkwürdig aussah und keine gesundheitlichen Probleme damit einhergingen, konnten die Kinder ein unbeschwertes Leben führen.
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Auch sie begannen irgendwann, Familien zu gründen und sich fortzupflanzen. Doch die Gegend war zu jener nicht durch Straßen erschlossen war, sodass sich kaum Fremde zum Troublesome verirrten. So kamen Ehen nicht nur zwischen Familienmitgliedern der Fugates und Kindern der wenigen anderen Familien am Troublesome Creek zustande. Auch innerhalb der Familie fanden sich Paare – sicher auch weil die ungewöhnliche Hautfarbe dann kein Thema war.
Insgesamt lebten die wenigen dort ansässigen Familien also sehr abgeschieden von der Außenwelt, sodass die Heirat der nächstlebenden Person zur Normalität gehörte. Dadurch wies der Großteil der Dorfbewohner um 1900 den bläulichen Hautton auf, was auf Neuankömmlinge sehr befremdlich gewirkt haben muss. Denn 1912 als die ersten Kohleminen in der Region errichtet und Schienen verlegt wurden, verlor die Siedlung ihre Abgeschiedenheit und andere Menschen bekamen die blauen Fugates zu Gesicht.
Die Ursache für die blaue Hautfarbe der Fugates
Hintergrund der blauen Hautfarbe ist ein extrem seltenes Allel, das zur Krankheit Methämoglobinämie führt. Dabei kommt im Blut vermehrt Methämoglobin vor, was entsteht, wenn der rote Blutfarbstoff Hämoglobin oxidiert. Das hat auch zur Folge, dass das Blut nicht mehr die typische Rotfärbung besitzt, sondern eher in einen Braunton übergeht. Das Blut kann durch die erhöhte Konzentration des Methämoglobins außerdem weniger Sauerstoff transportieren, was dann zu der Blaufärbung der Haut führt.
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Wie lange sich diese spezielle Beschaffenheit des Blutes in den Genen halten konnte, zeigte sich 100 Jahre nachdem Martin und Elizabeth das erste Kind zeugten. Denn 1975 erblickte Ben Stacy das Licht der Welt und auch er trug die blaue Farbe. In seinen Adern floss offenbar auch Fugate-Blut, was die ungewöhnliche Erscheinung erklärte, doch in seinem Fall verging die Blaufärbung wenige Wochen nach der Geburt und kehrte nie zurück.
Dass sich die blaue Hautfarbe nicht weiter ausgebreitet hat, liegt daran, dass sie nur auftritt, wenn beide Eltern dieses Allel in sich tragen, da es sich um ein rezessives Gen handelt. Wie im Fall von Ben Stacy kann das auch dann der Fall sein, wenn keiner der beiden Elternteile blau ist, denn auch wer Träger des Allels ist, zeigt nicht zwangsläufig die entsprechenden Symptome. Insofern hat Bens blaue Hautfarbe zunächst für große Verwirrung gesorgt und erst seine Großmutter konnte den Sachverhalt aufklären, da sie sich noch an die blauen Fugates erinnern konnte.