Habt Ihr beim Anschauen der X-Men-Filme auch daran gedacht, wie großartig es wäre, wenn man einen Rollstuhl so steuern könnte wie Professor Charles Xavier? In den Marvel-Streifen kontrolliert der Gelähmte sein schnittiges Gefährt nämlich einfach durch die Kraft seiner Gedanken. Eine unglaubliche Vorstellung – wenn dies möglich wäre, würde sich der Alltag für gehbehinderte Menschen deutlich bequemer gestalten. Diese Fantasie könnte Wirklichkeit werden, denn Forschern ist es gelungen, dass Affen einen Rollstuhl durch Gedankenkraft steuern konnten.
Versuchsaufbau
Im Wissenschaftsmagazin Scientific Reports erschien im März 2016 ein Artikel, der beschreibt, wie es gelang, Affen einen Rollstuhl durch Gedankenkraft steuern zu lassen. Miguel Nicolelis von der Duke University Medical School in Durham im US-Bundesstaat North Carolina untersuchte gemeinsam mit seinen Kollegen, inwieweit es möglich ist, die Signale des Gehirns übersetzen zu lassen, um so mechanische Gegenstände zu bewegen. Doch wie sollte so etwas funktionieren? Von den technischen Details einmal abgesehen, gestaltete sich der Versuchsaufbau vergleichsweise simpel.
Zwei Affen wurden auf je einen Rollstuhl geschnallt. Tatsächlich weckt die rollende Konstruktion allerdings eher die Assoziation zu einem Käfig denn zu einem Rollstuhl. Bewegungsunfähig auf der Fortbewegungshilfe sitzend, wurden die Tiere zunächst mehrfach zu einem Lockmittel gefahren – einer verführerischen Schale mit Trauben. Dabei wurden die Gehirnareale angesprochen, die für Bewegungen zuständig sind. Genau in diesen Bereichen implantierten die Forscher zuvor auf operativem Weg einige Elektroden, die kabellos mit dem Rollstuhl verbunden sind. Dadurch wurde eine Art Schnittstelle zwischen dem Affenhirn und dem Gefährt eingerichtet – das sogenannte Brain-Machine-Interface (BMI).
Da die Elektroden Aktivitäten im Gehirn erkennen, können die von den Affen ausgehenden Impulse übersetzt und an die Steuerung des Rollstuhls weitergeleitet werden. Durch das vorherige Schieben des Rollstuhls durch die Wissenschaftler lernten die Affen die zunächst neue Bewegung kennen und sollten daraufhin in der Lage sein, sie selbst Kraft ihrer Gedanken auszulösen.
Rollstuhl durch Gedanken gesteuert
Tatsächlich glückte der Versuch – die Affen bewegten den Rollstuhl durch Gedankenkraft. Das ist ungeheuer bemerkenswert: Zuvor haben die Affen keinen Rollstuhl selbst gesteuert, sodass es im Gehirn auch keine verantwortliche Stelle gab – in der Neurobiologie spricht man hierbei von der sogenannten Repräsentanz. Je länger das Experiment lief, desto stärker verbesserten sich die Fähigkeiten der Tiere, sodass die Präzision der Bewegungen stetig zunahm.

Doch es bleibt ein Haken: Die Affen waren nicht wirklich gelähmt und folglich in der Lage, die Muskeln in ihren Gliedmaßen anzusteuern. Somit könnten sensorische Neuronenimpulse durch minimale Bewegungen von Armen oder Beinen zur Impulsübertragung beigetragen haben. Denn dann wäre keine vollkommen unbekannte Bewegung erlernt worden.
Hoffnung für Gelähmte
Hintergrund der Forschung ist die Hilfe für gelähmte Menschen. Denn durch die Möglichkeit, Dinge per Gedankenkraft zu steuern, könnte selbst die Mobilität stark geschädigter Personen wieder hergestellt werden, so die Vorstellung der Wissenschaftler. Für die Zukunft erhoffen sich die Forscher ein funktionstüchtiges und so kleines Implantat, dass es unter der Haut platziert werden kann. Dann fiele auch die Hürde für Gelähmte, sich diesem Eingriff zu unterziehen, deutlich geringer aus.
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Durch die kabellose Signalübertragung könnte die Lebensqualität von Gelähmten immens gesteigert werden. Denken wir nur an den verstorbenen Wissenschaftler Stephen Hawking. Er war einer der intelligentesten Menschen der Welt, doch außer einigen Muskeln im Gesicht ist er bewegungsunfähig. Die gefährliche Krankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) das motorische Nervensystem, sodass Muskeln nicht mehr angesteuert werden können – der Geist funktioniert aber tadellos und genau deshalb stellt das Experiment von Miguel Nicolelis eine enorme Hoffnung dar.