Nimmt man das Maß von irgendetwas, z.B. die Höhe eines Berges, die Länge eines Flusses, den Preis einer Aktie oder die Höhe der Stromrechnung, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Zahl mit einer „1“ beginnt bei circa 30 Prozent. Dagegen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Zahl mit einer „9“ beginnt fünf Prozent. Dieses Phänomen wird als „Benfordsches Gesetz“ bezeichnet und wurde schon häufig verwendet, um gefälschte Statistiken nachzuweisen. Lest hier, was es damit auf sich hat!
Simon Newcomb entdeckt das Benfordsche Gesetz
Im Jahr 1881 machte der kanadische Astronom und Mathematiker eine spannende Entdeckung, die zunächst unwichtig schien. Für einige Berechnungen nutzte er Logarithmentafeln, die dazu dienen, den Logarithmus unzähliger Dezimalzahlen zu berechnen. Ihm fiel auf, dass die vorderen Seiten – für solche Zahlen mit einer Eins als erster Ziffer – abgegriffener waren als die letzten. Logischerweise schlussfolgerte er, dass diese öfter benutzt worden sein mussten. Aus dieser Beobachtung leitete er die These ab, dass Zahlen, die mit einer Eins beginnen, häufiger auftreten mussten als andere. Daraufhin veröffentlichte er seine ausformulierte Entdeckung im American Journal of Mathematics. Und obwohl seine scharfsinnige Beobachtung sich als wegweisend herausstellen wird, fand sie leider keine und geriet in Vergessenheit.
Vielleicht interessiert Dich auch das hier: Der Iberische Steinbock – Die einzige Spezies, die zweimal ausgestorben ist
Die Wiederentdeckung durch Frank Benford
Doch glücklicherweise machte der Physiker Frank Benford 57 Jahre später im Jahr 1938 dieselbe Entdeckung. Auch er publizierte sie – nur dieses Mal ging die These nicht einfach unter, sondern wurde sogar nach seinem Namen benannt. Von einem hohen Bekanntheitsgrad ließ sich aber selbst dann noch nicht sprechen, denn die meisten Statistiker hatten seinerzeit nie vom Benfordschen Gesetz gehört. Dies änderte sich erst durch die Anwendung des heute als Newcomb-Benford’s Law (NBL) bezeichneten Gesetzes durch den US-amerikanischen Mathematiker Theodore Hill auf praktische Problemstellungen.
Was besagt das Benfordsche Gesetz?
Das Benfordsche Gesetz besagt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer ausgewählten Ziffer an einer bestimmten Stelle in einer Zahl ist. Für die erste Stelle gelten beispielsweise die folgenden Häufigkeiten. Eins (30,1%), Zwei (17,6%), Drei (12,5%), Vier (9,7%), Fünf (7,9%), Sechs (6,7%), Sieben (5,8%), Acht (5,1%) und Neun (4,6%).
Selbstverständlich lässt sich das Gesetz bei umfangreichen Datensätzen deutlich leichter nachprüfen als bei kleinen. Außerdem kann man es natürlich nicht in jedem beliebigen Datensatz finden. Doch Zahlenmaterial, das natürlichen Wachstumsprozessen unterliegt, zeigt in der Regel tatsächlich die Benford-Verteilung.
Da das Benfordsche Gesetz eine Häufigkeitsverteilung einzelner Ziffern in den Zahlen eines großen Datensatzes angibt, lässt sich so auch feststellen, ob Zahlen möglicherweise manipuliert worden sind. So wurde beispielsweise der Betrug bei der Bilanzerstellung von Enron aufgedeckt. Der US-Energiekonzern fälschte mehrfach seine Bilanzen und flog 2001 auf. Deshalb dient das Benfordsche Gesetz Steuerfahndern und Wirtschaftsprüfern heute als Grundlage zur algorithmischen Überprüfung von Wirtschaftsdaten.